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eAU – Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in SAP

30. Januar 2023

1. Definition, Allgemeines & Beteiligte und Einschränkungen

Die Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat zum 01.01.2023 stattgefunden. Was hat sich Arbeitgeber geändert und was gilt es zu beachten?

Seit dem 1. Januar müssen Arbeitnehmende ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr beim Arbeitgeber vorzeigen. Stattdessen stellen die Krankenkassen die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch zur Verfügung. Die Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat der Bundestag bereits am 18. September 2019 im Bürokratieentlastungsgesetz III beschlossen. Ursprünglich sollte sie bereits zum 1. Januar 2022 starten. Der Termin wurde auf den 1. Januar 2023 verschoben.

Zuvor wurde der Arbeitgeber noch über die ärztliche Krankschreibung des Arbeitnehmers informiert, indem dieser die typische gelbe Bescheinigung vorlegt oder per Post schickt. Die Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll Unternehmen und Mitarbeitende künftig entlasten – der gelbe Schein wird jedoch auch zukünftig nicht ganz passé sein. Ab dem 1. Juli 2022 sollen die Arbeitgeber digital über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit ihrer gesetzlich versicherten Arbeitnehmenden informiert werden. Ebenso darüber, wann die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausläuft. Die Krankenversicherung, die ohnehin die Daten durch den Arzt erhält, soll die AU-Daten zum Abruf bereitstellen.

Die jährlich ca. 77 Mio. AU-Bescheinigungen sollen durch eine digitale Version ersetzt werden. In der Handhabung hat dieses Verfahren Auswirkungen auf die Prozesse in

  • Zeitwirtschaft und
  • Entgeltabrechnung

Hinzu kommen hier noch ca. 20 Mio. Krankenhausmeldungen an die Krankenkassen, die im Rahmen der Krankenhausaufnahme bzw. im Rahmen des Entlassmanagements entstehen können. Diese stehen zukünftig auch für den Abruf durch die Arbeitgeber zur Verfügung.

Das eAU-Verfahren ist somit neben der DEÜV eines der größten SV-Meldeverfahren mit mehr als 200 Mio. (Anfragen und Antworten) pro Jahr.

Die Einführung der eAU wird in drei Schritten erfolgen, die aufeinander aufbauen:

  • Übermittlung der AU-Daten durch die Ärzte an die Krankenkassen
  • Ab dem 1. Januar 2023 stellt der Arzt keinen „gelben Schein“ mehr aus, sondern gibt dem Patienten eine eAU-Ersatzbescheinigung mit, die zwar dieselben Inhalte wie der „gelbe Schein“, aber ein anderes Format hat (weißes Papier, DIN A4)
  • Datenaustausch zwischen Arbeitgeber und Krankenkassen (ab 1. Januar 2023 für Arbeitgeber verpflichtend)
  • Digitale Anbindung der gesetzlich Krankenversicherten

Beteiligte am Meldeprozess

  • Arbeitgeber
  • Krankenkassen
  • Vertragsärzte der Krankenkassen und Krankenhäuser
  • Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse, z. B.
  • Gesetzlich Versicherte
  • Freiwillig Versicherte
  • Geringfügig Beschäftigte

Keine eAUs bei

  • Privat Krankenversicherten
  • Papierbescheinigungen von
  • Privatärzten
  • Ärzten aus dem Ausland
  • Physiotherapeuten
  • Psychotherapeuten
  • Erkrankung Kind („Blauer Schein“)
  • Rehabilitationseinrichtungen

Ärzte, Krankenhäuser und Kur-Kliniken übermitteln mindestens einmal täglich die Daten ihrer Patienten an die Krankenkassen. Die Daten können durch den zuständigen Arbeitgeber daher frühestens am Folgetag abgerufen werden.

2. Arbeitsrechtliche Implikationen der eAU

Welche konkreten Änderungen bringt die zukünftige Gesetzeslage?

  • Die Mitarbeiter müssen durch die neue Feststellungspflicht die bestehende Arbeitsunfähigkeit sowie die voraussichtliche Dauer dieser ärztlich feststellen lassen
  • Die Mitarbeiter erhalten eine pAUB (persönliche AUB), müssen diese jedoch durch den Wegfall der Nachweispflicht nicht mehr dem AG vorlegen
  • Durch die Verlagerung der Pflicht auf die AG muss der AG die AU Daten bei der Krankenkasse abrufen und erhält dann zudem Informationen über Vorerkrankungen der Mitarbeiter ohne deren Einwilligung

Was bleibt bestehen?

  • Dem AG muss die voraussichtliche Dauer unverzüglich gemeldet werden, die Anzeigepflicht bleibt bestehen
  • Die Zeitpunkte, bei denen eine Vorzeigepflicht einer AU besteht, bleiben bestehen:
  • Die Dauer einer AU von mehr als 3 Tagen
  • Genauso wie auf das frühere Vorzeigen der AU auf Verlangen des AG
  • Und auch die Pflicht einer erneuten Bescheinigung bei Verlängerung
  • Eine pAUB wird weiterhin vom Arzt ausgestellt, jedoch nur für den Versicherten selbst, damit bei technischen Störungen die Unfähigkeit dokumentiert ist.

Wen umfasst die zukünftige Gesetzeslage?

  • NUR: Sie erfasst nur gesetzlich Krankenversicherte
  • NICHT: Privatversicherte
  • NICHT: bei geringfügiger Beschäftigung in Privathaushalten
  • NICHT: Feststellung der AU durch einen Nicht-Vertragsarzt

Information an Mitarbeiter:

Die Schulung aller Mitarbeitenden über die neue Gesetzeslage muss rechtzeitig vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung durchgeführt werden. (z.B. September 2022) Außerdem muss die Kenntnisnahme der Mitarbeiter festgehalten werden.

Des Weiteren werden Anpassungen der Standardarbeitsverträge vorgenommen. Für Mitglieder GKV und PKV sind unterschiedliche Klauseln im Arbeitsvertrag erforderlich. Nach §12 EZFG sind Klauseln, die zu Ungunsten des Arbeitnehmers wirken, verboten.

Bei Problemen der Übermittlung AUB durch Zweifel and AU:

Im Rahmen von Streitfällen verfügen AUBs über einen hohen Beweiswert, jedoch kann der ausstellende Arzt angezweifelt werden, wenn zu viele AUBs ausgestellt wurden. (§275 Abs. 1a S. 3 SGB V)                                                                                                                                   

 Bei der eAU ist jedoch weder der Name noch der Name des Arztes rückverfolgbar.

3. Der allgemeine Prozess

  • 1. Eine Person, die beschäftigt ist, fühlt sich arbeitsunfähig.
  • 2. Die/der Beschäftigte meldet sich beim Arbeitgeber arbeitsunfähig.
  • 3. Die Person geht zum Arzt und wird „krankgeschrieben“.
  • 4. Der Arzt übermittelt diese „Krankschreibung“ an die zuständige Krankenkasse.
  • 5. Am Folgetag kann der Arbeitgeber maschinell diese Arbeitsunfähigkeits-„Bescheinigung“ anfragen. à Die Anfrage durch den Arbeitgeber muss hier explizit bei der Krankenkasse erfolgen, d. h. die Krankenkasse versendet nicht automatisch eine eAU-Meldung an den Arbeitgeber, sobald eine eAU bei ihr eingeht.

Anmerkung: Die Schritte 2 und 3 können auch vertauscht sein.

Beschäftigte müssen zwar weiterhin den Arbeitgeber über die AU benachrichtigen (§ 5 Abs. 1 EntgFG, siehe oben Schritt 2), aber sie müssen mit der Gesetzesänderung keine ärztliche Bescheinigung dazu mehr bei ihrem Arbeitgeber vorlegen (§ 5 Abs. 1a Satz 1 EntgFG). Nur für sich persönlich bekommt der Patient/Beschäftigte vom Arzt noch eine AU-Bescheinigung (§ 109 Abs. 1 Satz 3 SGB IV).

Sollten Beschäftigte zur Betreuung ihres erkrankten Kindes zu Hause bleiben (Abwesenheit Kind krank), kann die dafür ausgestellte Bescheinigung nicht über das eAU-Verfahren vom Arbeitgeber abgerufen werden.

Wie sieht die SAP-Lösung aus?

SAP hat eine Umsetzung im Entgeltabrechnungssystem, um eAU-Anfragen zu stellen und die entsprechenden Rückmeldungen der Krankenkasse im System anzuzeigen. Hierzu ist folgender Prozess implementiert:

Nach der Krankmeldung des Beschäftigten wird eine entsprechende Abwesenheit im Infotyp Abwesenheiten (2001) gepflegt. Dies kann manuell, durch ein ESS-/MSS-Szenario oder durch ein Integrationsszenario mit einem externen Zeitwirtschaftssystem erfolgen.

Aufgrund dieser Abwesenheit stellt das System maschinell eine Anfrage bei der Krankenkasse.

Die Krankenkasse antwortet auf diese Anfrage.

Die Antwort wird ggf. in die Stammdaten des Abrechnungssystems übernommen oder den Sachbearbeitenden zur manuellen Bearbeitung gegeben.

Seit dem Jahreswechsel 2021/2022 vorhanden: Damit von jedem Beschäftigten (insbesondere auch bei geringfügig Beschäftigten, Werksstudenten, Praktikanten und freiwillig versicherten Beamten) die Krankenkasse im SAP-System hinterlegt werden kann, wird der Infotyp Sozialversicherung (0013) entsprechend erweitert (SAP-Hinweis 3070713).

Funktionalitäten:

  • Das eAU-Verfahren ist als stammdatenbasiertes Meldeverfahren konzipiert und läuft ähnlich wie andere SV-Meldeverfahren:
    • Reports z. B. zur Meldungserstellung, Einlesen der Rückmeldungen, Anzeige der Meldungen,…
    • Speicherung der Meldungen in Datenbanktabellen
    • Anbindung an den B2A-Manager
    • Unterstützung des Notification Tools (NT)
    • Auf Kundenwunsch ist für das eAU-Verfahren eine gemeinsame Sachbearbeiterliste für Ein- und Ausgangsmeldungen verfügbar. Es gibt dabei auch eine Nachverfolgungsmöglichkeit bei fehlender eAU.
  • Customizing zur eAU-Anfrage:
    • Vorhandene Abwesenheitsarten können weiterbenutzt werden.
    • Neu: Pro relevanter Abwesenheitsart wird ein Verzögerungsintervall hinterlegt, nach welchem bei der Krankenkasse eine eAU angefragt werden kann.
  • Neuerungen bei der Anzeige/Pflege von Krankheiten im Infotyp Abwesenheiten (2001):
    • Neues Anzeigefeld: Zur Abwesenheit liegt (mindestens) eine eAU vor
    • Absprungmöglichkeit zu den passenden eAUs innerhalb eines Infotypsatzes Abwesenheiten (2001)
    • Funktionalität „eAU-Anfrageverhindern“ für einen konkreten Infotypsatz Abwesenheiten (2001)
      • Über eine Listbox können Gründe ausgewählt werden, die eine eAU ausschließen, z.B. in welcher Form eine AU vorliegt, z. B. „Privatarztbescheinigung“ oder „Auslandsarzt“.  Eigene Ausschlussgründe können im View V_T77PAYDE_EAU_1 gepflegt werden.
      • Technisch soll dies im bereits vorhandenen Datenbankfeld UMSKD der Infotypstruktur PS2001 gespeichert werden, welches für Deutschland bislang nicht benutzt wurde.
      • Integrationsszenarien z. B. mit externen Zeitwirtschaftssystemen müssen ggf. angepasst werden, falls dieses Datum dort benötigt wird.
  • Aktualisierung des Infotyps Abwesenheiten (2001) durch eAU-Rückmeldungen:
    • Maschinell: Beginn- und Endedatum der eAU stimmen mit IT2001-Satz überein
      • Ggf. Aktualisierung des Feldes Bescheinigter Beginn
      • Eingangsmeldung wird automatisch auf erledigt gesetzt
      • Mit Hinweis 3209827 eAU: Meldungsverarbeiter – Reduzierung der Prüffälle wurde die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Konstellationen automatisch zu verarbeiten oder aber diese als Prüffall für eine manuelle Bearbeitung zu kennzeichnen.
  • Manuell: Alle anderen Konstellationen (u. a. auch Änderung der Abwesenheitsart z. B. von „Krankheit ohne Attest“ zu „Krankheit mit Attest“)
  • BAdI zur Kundeneingriffsmöglichkeit
  • Es wird davon ausgegangen, dass iterative Verbesserungen (=mehr maschinelle Verarbeitung möglich) zukünftig möglich sind, sobald mehr Erfahrung im eAU-Verfahren vorliegen.
  • Nach Ende der eAU und Verlängerung der Krankheit:
    • SAP geht davon aus, dass sich der/die Beschäftigte wieder beim Arbeitgeber meldet und die Verlängerung ankündigt.
    • Dies führt letztlich technisch zu einer Verlängerung des Infotypsatzes, was automatisch zu einer erneuten eAU-Anfrage führt